Ein hoher Altersdurchschnitt, eine nicht mehr ausreichende Besetzung oder stimmliches Können und keine Nachwuchssänger/innen mehr. Fazit: der Chor stirbt irgendwann aus!
Folgende Situation erlebe ich in ganz Deutschland und besonders in der Chorwelt. An sich ist das auch leider nichts Neues aber es wird immer deutlicher, dass sich die Schlinge um viele Chöre zuzieht.
Keine Sänger/Innen mehr die neu dazukommen, der Altersdurchschnitt liegt bei rund 70 Jahren und natürlich schwärmt man noch von vergangenen Projekten/Konzerten, die meist um sie 15-20 oder gar 35 Jahre her sind. Die Singfähigkeit allgemein oder für größere Auftritte/Konzerte oder auch das Repertoire ist leider mangels Besetzung oder auch stimmlicher Fähigkeiten, sowie dem zahlenmäßigen Aufbau des Chores, auch nicht mehr gegeben.
Was können also die Sängerinnen/Sänger und Vereinsverantwortlichen machen?
Den Chor etwa langsam und schleichend sterben lassen und wenn es gar nicht mehr geht, den Verein mit seiner ggf. 100-jährigen oder älteren Vereinsgeschichte auch noch gleich mit begraben? NEIN - halt, es gibt noch eine Chance!!
Allerdings bin ich der Meinung und meine Erfahrung aus der Beratung zeigt mir, dass man einen Chor, der geneinsam „alt“ geworden ist, nicht zwanghaft verjügen kann. Vereinzelt stoßen sicherlich Neue dazu, jedoch können wir beispielsweise eine Stimmgruppe aus rund 10 oder mehr Sänger/innen oder mehr, nicht einfach so „nachbesetzen“. Da schlägt einfach gnadenlos der demografische Wandel zu.
Der Schlüssel zur Zukunft des Chores/Vereins: der Chor als Sozialgemeinschaft der Musik, Fitness und Kultur im Alter vereint.
Was also wäre eine Option?
Altersgerechtes Musizieren und sich damit bewusst werden, dass der Chor einen hohen Altersdurchschnitt hat, den man nicht mal eben so mit einer Werbeaktion senken kann!
Und damit bewusst auch künftig den bisher gemeinsam gegangenen Weg weitergehen. Menschen aus dem gleichen Altersspektrum ansprechen und Musik mit körperlicher und geistiger Fitness verbinden.
Singen und musizieren sowie Bewegen zur Musik hält fit. Warum dann also nicht genau diese Elemente einbauen, in die wöchentliche Singstunde/Probe und genau damit werben?
Chöre sind Sozialgemeinschaften und genau diese suchen Menschen in höheren Altersgruppen mehr, als bei Altersgruppen, die mitten in der Familienzeit oder beruflichen Hochphase also in der Altersspanne zwischen 25- ca. 60 Jahre stehen. Denn häufig ist eine Form der Einsamkeit z.B. durch Tod des Partners/Partnerin vorhanden, die Kinder/Enkel sind weggezogen oder auch das Umfeld verändert sich. Hier kann der Chor als Sozialgemeinschaft einen großen positiven Einfluss haben.
Genau hier könnten die Chöre ansetzen und dies bieten: eine Mischung aus Singen, Fitness für Körper und Geist, Kunst, Kultur und Gemeinsamkeiten sowie sozialem Kontakt.
Der Chor verändert sich - nicht mehr ausschließlich das Singen und Konzerte stehen im Vordergrund, sondern mehr die Gemeinsamkeit, Singen und die Fitness in geistiger und körperlicher Form.
Ändert sich dadurch die Grundausrichtung des Chores? JA!!
Geht jeder diesen Weg mit? Nein, wahrscheinlich nicht!!
Aber das ist in der Vergangenheit auch immer vorgekommen, dass nicht alle mit den getroffenen Entscheidungen einverstanden waren.
Regelmäßig werde ich mit folgendem Argument konfrontiert, wenn ich diese Option vorschlage: "Ja, aber haben nicht der Sportverein etc. hier eher das „Recht“ auf diese Form von „Seniorensport“ und kommen wir uns da nicht in die Quere?" JEIN!
Jemand der bisher in seinem Leben nicht dem Sport und Sportverein zugewandt war – und da gibt es viele Menschen - werden sich ungern in der Sportgruppe anmelden und dorthin gehen, da sie mit dem Sport einfach eine andere Assoziation verbinden.
Jemand der in seinem Leben viel Musik gemacht hat z.B. ein Instrument gespielt oder gesungen hat, der Theater gespielt oder künstlerisch , literarisch aktiv war, der wird sicherlich gerne ein solches Angebot, das Kunst, Kultur, Musik und Fitness/Gesundheit im Alter verbindet, annehmen.
Und ein Versuch ist es allemal wert, denn das der Chor wieder in seine Stärke, wie in den 80er oder 90er Jahren zurückkehrt, ist höchst unwahrscheinlich. So realistisch sollte jeder sein.
Wie kann also der Chor/Verein diesen Weg gehen? Das werde ich in den nächsten Wochen in einzelnen Beiträgen näher beleuchten.
Ihr überlegt mit Eurem Chor/Verein genau diesen Weg zu gehen und möchtet einen Strategietag mit mir durchführen? Melde Dich gerne bei mir jmettig@vereinsworkshop.de
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